Dichte Packung – die Überbauung Big PEN
LOVE architecture and urbanism
25. Oktober 2024
Die Architekten entwickelten eigens einen modularen Katalog an außen angedockten Minigärten. (Foto: Stefan Leitner)
Das Büro LOVE architecture and urbanism hat in Wien eine große Wohnanlage mit Geschäften gestaltet. Mark Jenewein erklärt, wie jede Wohnung trotz der hohen Dichte der Überbauung einen Außenraum und eine schöne Aussicht erhielt.
Herr Jenewein, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Es gab einen bestehenden Bebauungsplan, den wir einhalten mussten. Dieser sah mehrere Bauwerke von sehr unterschiedlicher Dimension und Volumetrie vor. Bemerkenswert war die enorme Dichte auf dem Baugrund, die in der Öffentlichkeit immer wieder kritisch und emotional diskutiert wird.
Da unserer Ansicht nach gerade die innerstädtische – gerne auch sehr starke – Nachverdichtung ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine öko-verträgliche und damit nachhaltige Zukunft darstellt, haben wir uns der Aufgabe sehr gerne angenommen und fünf Häuser entworfen.
Der Grundriss des zentralen Baus der Anlage ist H-förmig. Besonderen Wert legten die Architekten auf die Ausgestaltung der inneren Schenkel. (Foto: Stefan Leitner)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Spricht man über hohe Dichte, so stellt sich sofort die Frage, wie trotz großer Baumasse und geringer Gebäudeabstände dogmatische Uniformität und uninspirierte Repetition vermieden werden können. Bezogen auf den H-förmigen zentralen Baukörper kam die Frage hinzu, wie wir auch für die komplexen innen liegenden Schenkel des H-Grundrisses eine möglichst hohe Aussichtsqualität erreichen können. Unsere Idee war, dieses Bauwerk so stark zu individualisieren, dass nicht nur jede Wohnung, sondern jedes Zimmer über einen eigenen Freiraum verfügt. Dafür haben wir die »Garden Frames« entwickelt: unterschiedliche Fertigteile, die als Minigärten vor jedem Zimmer an der Fassade montiert wurden.
Zusätzlich haben wir alle Wohnungen, deren Aussicht zunächst noch nicht ganz perfekt war, perspektivisch axial so gedreht, dass sie über ein Maximum an freiem Blickfeld verfügen. Die Kombination aus Garden Frames und ausgedrehten Wohnungsachsen führt zu einem skulpuralen Bauwerk, das in seiner Maßstäblichkeit kaum zu fassen ist.
Die Dichte der neuen Anlage ist hoch. Von allen Seiten führen Fußwege zwischen den eng beisammen stehenden Bauten hindurch. (Foto: Stefan Leitner)
Foto: Stefan Leitner
Teils wurden die Wohnungen abgedreht, um die Aussicht zu verbessern. (Foto: Stefan Leitner)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Das Grundstück liegt eingebettet in eine teils historische, teils jüngerer Stadtstruktur. Damit stellte sich die Frage, wie die Anschlüsse zu den umliegenden Quartieren möglichst sanft und harmonisch gelingen könnten. Wir haben die Überbauung als offen konzipierten Stadtbaustein interpretiert, der öffentlich zugänglich und von allen Seiten zu Fuß durchquerbar ist. Entstanden ist ein verbindender städtischer Landschaftsraum mit verschiedenen Aufenthaltsqualitäten. Vollkommen unterschiedliche Baukörper mit verschiedenen Fassaden unterstreichen diesen Ansatz und machen die Durchwegung vital und ereignisreich.
Bemerkenswert ist auch der gewaltige Geländesprung von fast 4 Geschossen im Zentrum des Grundstückes, den es möglichst fein zu zeichnen galt. Wir haben ein Geflecht aus Treppen- und Steganlagen entwickelt, das Teil der öffentlichen Durchwegung ist. Durch die Höhensprünge mit den entsprechenden Verschneidungen entstehen teils spektakuläre Perspektiven und Durchblicke.
Ein System aus Treppen und Stegen überwindet einen Höhenversprung auf dem Grundstück. (Foto: Stefan Leitner)
Lageplan (© LOVE architecture and urbanism)
Grundriss Regelgeschoss Gebäude 1 (© LOVE architecture and urbanism)
Grundriss Regelgeschoss Gebäude 2 und 3 (© LOVE architecture and urbanism)
Grundriss Regelgeschoss Gebäude 4 (© LOVE architecture and urbanism)
Grundriss Regelgeschoss Gebäude 5 (© LOVE architecture and urbanism)
Wohn- und Geschäftshäuser Big PEN
Standort
Penzing Straße 76, 1170 Wien
Nutzung
Wohnprojekt mit Geschäftsfläche
Auftragsart
Wettbewerb, 1. Preis
Bauherrschaft
BUWOG Group, Wien
Architektur
LOVE architecture and urbanism, Graz
Fachplaner
Lanschaftsarchitektur: Kräftner Landschaftsarchitektur, Wien
Baufirma: STRABAG AG, Wien
Faltschiebeläden: Hawa, Mettmenstetten, Schweiz
Sonnenschutz: Warema, Marktheidenfeld, Deutschland
Aufzüge: KONE, Wien
Bauleitung
Conspeed Baumanagement GmbH, Wien
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten
€ 53 Mio.
Fotos
Stefan Leitner, LOVE architecture and urbanism