Auftakt im neuen Quartier

Katinka Corts | 17. Januar 2025
Im Norden und Osten grenzen große Spielbereiche an das Gebäude. (Foto: Dominic Kummer)

Altach befindet sich knapp vor der Schweizer Grenze und etwa 20 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Bregenz. Mit etwa 7000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist die Gemeinde eine der am dichtesten besiedelten Vorarlbergs. Und sie wächst kontinuierlich – bis 2040 rechnet man mit weiteren 300 Bewohnern. Infrastruktur und Wohnangebot müssen dafür angepasst werden, wobei besonders die ältere Generation mit betreutem Wohnen und einer verbesserten medizinischen Infrastruktur mehr bedacht werden muss. Um jedoch auch für die Jungen und Familien attraktiv zu bleiben, wird zugleich in flexible Wohnformen und Bildung als Teil der sozialen Infrastruktur investiert.

Die überhohe Laterne schafft einen großzügigen Luftraum für das Obergeschoss und lässt viel Licht in das Kinderhaus. (Foto: Dominic Kummer)
Zweiseitig orientierter Gruppenraum mit Fenster und anschließender Loggia rechts (Foto: Dominic Kummer)

Aufgrund seiner Lage zwischen Autobahn und Landstraße muss sich Altach besonders durch Verdichtung entwickeln. Platz dafür ist im ganzen Ort vorhanden – knapp 30 Prozent der als »Wohngebiet« gewidmeten Flächen sind unbebaut, wie der 2022 erarbeitete räumliche Entwicklungsplan, kurz REP, belegt. Eine der Entwicklungsflächen ist die Ortsmitte, aus der ein begrünter Treffpunkt für alle Generationen werden soll. Im Bereich Friedrichsfeld baut Altach ein neues Quartier mit betreutem Wohnen, Gastronomie und Sozialzentrum. Im Kreuzfeld, einer lange unbebauten Flächenreserve in Zentrumsnähe, entsteht ein weiteres Quartier, das jedoch besonders auf das Wohnen ausgerichtet ist. Als dazugehörige Funktion haben Innauer Matt Architekten dort 2023 ein Kinderhaus fertiggestellt, das seitdem den nördlichen Teil einer großen Freifläche am Längleweg besetzt. Westlich davon schließen mittlerweile mehrere Wohnbauten an, die ebenfalls von dem Architekturbüro aus Bezau gestaltet sind. Zusammen mit einem geplanten Quartiers- und Spielplatz ergibt sich eine intensive Verdichtung des Quartiers. 

Bereits 2017 hatte eine Studie ergeben, dass das Betreuungsangebot für Kinder mittel- bis langfristig im Zentrum und auch neu im Kreuzfeld erweitert werden sollte. Der zweigeschossige Neubau mit Tiefgarage nimmt fünf Kindergarten- und vier Kleinkindbetreuungsgruppen mit aktuell 110 Kindern auf. Eltern sind dazu angehalten, ihre Kinder zu Fuß oder mit dem Rad zu bringen, um den Charakter der Begegnungszone vor dem Gebäude zu stärken. Wer das Auto dennoch nutzt, parkt im Untergeschoss und bringt sein Kind über die Außentreppe und den Vorplatz zum Haus. Im Gebäude empfängt ein hallenartiger Mitteltrakt die Kinder, der hell und einladend wirkt. Dies gelingt dank der vielen möglichen Ausblicke quer durch den Holzbau hin zu Garten und Umgebung, aber auch dank der Tageslichtversorgung von oben: Die Architekten haben das Gebäude mit einer großzügigen Dachlaterne überhöht. Dank ihrer Verglasung und der teils geöffneten Obergeschossdecke gelangt viel Licht ins Haus, das zudem von den hellen Holzwänden reflektiert wird. 

Mit der hauptsächlichen Verwendung von heimischem Holz – Beton kam lediglich für die Tiefgarage, das Treppenhaus und die Deckenfüllungen zum Einsatz – erfüllt das Gebäude hohe Öko-Kriterien. Die Konstruktion besteht aus Fichtenholz, das an Wänden und Decken sichtbar geblieben ist. Ergänzend dazu findet sich in den Aufenthaltsbereichen helle Braunkernesche als Bodenbelag, die Tischlermöbel bestehen aus geöltem und farbig lasiertem Eschenholz. Raumhohe Wandschränke bieten den Betreuenden ausreichend Stauraum, sodass die Räume optisch ruhig bleiben und Platz lassen für Kreativität, statt vollgestellt zu wirken.

Helle Holzflächen prägen die Räume und schaffen eine angenehme Atmosphäre. (Foto: Dominic Kummer)
Schlafnischen und -höhlen im Ruheraum (Foto: Dominic Kummer)

Alle Gruppenräume liegen in den Obergeschossen. Sie sind so organisiert, dass sich jeweils zwischen zweien ein zusätzliches Vorbereitungszimmer mit Lager befindet. Aus jedem Gruppenraum gelangen die Kinder über einen eigenen Zugang zur Loggia, die als große und privatere Fläche zum Spielen im Freien in den Tag integriert werden kann. Windmühlenartig strecken sich die vier Betreuungstrakte entlang der Fassaden, wobei zwischen den Flügeln der Ausblick auf jeder Gebäudeseite möglich bleibt. Die mittige Öffnung des Bodens dient nicht nur der Lichtführung, sondern ermöglicht den Kindern auch den Blick hinunter ins Erdgeschoss zu ankommenden Freunden und abholenden Eltern. 

Auf Gartenebene sind all jene Funktionen untergebracht, die gruppenübergreifend genutzt werden. Gleich am Eingang haben die Kinder einen großen Bewegungsraum zur Verfügung. Nach Betriebsschluss kann dieser auch von Externen für Kurse genutzt werden. Büro und Teamzimmer finden links des Eingangs Platz, die hintere Gebäudeecke besetzen die Aufwärmküche und der Essbereich. Auch die Schlafräume für die Kinder liegen im Erdgeschoss, damit der Ruhebereich eine klare Trennung vom aktiven Gruppenleben oben hat. Eine gelungene Besonderheit sind die Schlafnischen, die Innauer Matt gestaltet haben: Indem sie die Raumhöhe von 3.20 Metern aufsplitteten, schufen sie unten Höhlenbereiche (mit Vorhang) und oben Ausguck-Schlafplätze, die über schmale Treppen erreicht werden. Für weitere Schlafplätze können Matten beliebig im Raum ausgelegt werden.

Auch im Erdgeschoss ist der Sichtkontakt zum Außenraum ständig vorhanden und der Zugang zum Garten einfach. An den von der auskragenden Loggia überdeckten Bereich schließen direkt große Wiesen, Sandflächen und Klettergeräten an, die zum Spielen einladen. Trotz der notwendigen Abgrenzung zur Umgebung ist die Gesamtanlage sehr integrativ gestaltet und öffnet sich zum Quartier. Wenn dereinst alle umgebenden Arbeiten abgeschlossen sind und auch der Quartierplatz fertig ist, wird mit den neuen architektonischen und gestalterischen Hochpunkten inmitten der Ein- und Mehrfamilienhausstruktur frischer Wind ins Quartier kommen.

Das Kinderhaus befindet sich am nördlichen Rand des Grundstücks. Auf den südwestlich anschließenden Baufeldern sind mittlerweile Wohnbauten entstanden. (Situation: © Innauer Matt Architekten)
Auf der nördlichen Gebäudeseite befinden sich im Erdgeschoss hauptsächlich die Teambereiche und der Essbereich, nach Süden orientiert sind der Bewegungsraum (links) und die Schlafräume. (Grundriss Erdgeschoss: © Innauer Matt Architekten)
Den Gruppenräumen im Obergeschoss sind einzelne Loggiabereiche zugeordnet. Jeweils in Richtung Gang sind die dienenden Schichten mit Einbauschränken und Installationsebene orientiert. (Grundriss Obergeschoss: © Innauer Matt Architekten)
Über die Laterne gelangt Tageslicht bis in die Empfangshalle im Erdgeschoss. (Schnitt: © Innauer Matt Architekten)

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