Ein Nachruf für Luigi Colani

Elias Baumgarten
20. September 2019
Der Lüntec-Tower (»Colani-Ei«) im deutschen Lünen-Brambauer wurden 1995 nach Colanis Plänen fertiggestellt. (Foto: Arnold Paul via Wikimedia.org)

Luigi Colani wurde 1928 als Sohn eines Schweizer Filmarchitekten und einer polnischen Souffleuse in Berlin geboren. Ein Studium der Bildhauerei und Malerei in der Stadt brach er alsbald ab – zu wenig Lerneffekt; sein Professor habe ihm in Sachen Bildhauerei nichts weiter beibringen können, klagte er einmal. Stattdessen zog es ihn nach Paris, wo er an der École polytechnique Aerodynamik und Ultraleichtbau studierte. Nachdem Colani in den Vereinigten Staaten beim Flugzeugbauer Douglas erste Berufserfahrungen gemacht hatte und rasch zum Leiter im Bereich Materialforschung aufgestiegen war, ging er nach Italien, um für Fiat, Alfa Romeo und schließlich Lancia zu arbeiten. Dabei brachte er immer wieder auch neue Materialien zum Einsatz. Insbesondere der Rennsport hatte es ihm angetan: 1957 donnerte ein von ihm gestalteter Alfa als erster GT-Sportwagen in unter zehn Minuten um die berüchtigte Nordschleife des Nürburgrings. 1972 engagierte er sich gar in der Formel 1 und baute den Rennwagen des deutschen Teams Eifelland um. 

Ein von Colani designter Abarth-Alfa Romeo 1300 Berlinetta absolvierte 1957 die Nordschleife in unter zehn Minuten. (Foto: jean-pierre 60, bearbeitet von Mr.choppers, via Wikimedia.org)
Colani gestaltete den Formel 1-Boliden Eifelland-March E21 um. Charakteristisch ist der mittig angebrachte Spiegel. (Foto: Lothar Spurzem via Wikimedia.org)

Aerodynamische Formen, die Flugzeuge und Autos schneller machen, übertrug Colani später in alle Bereiche des Produktdesigns – »Biodesign« nannte er das. Und die gekurvten Formen machten ihn reich: 1972 konnte er ein Designatelier (Designfactory) im westfälischen Schloss Harkotten eröffnen, wo es bis 1981 residierte. Es war dies die vielleicht intensivste Periode in Colanis Schaffen, und sein Team wuchs währenddessen rasant. Besonderes Interesse an seinen Entwürfen gab es in Fernost, zuvorderst in Japan und China: Colani gestaltete für Canon, Sony und Mazda. In Japan wurde eigens ein Colani Design Center eröffnet, und der Designer lebte ab 1982 für fünf Jahre in dem Land, wo zeitweise über 300 Personen für ihn arbeiteten. 1983 erhielt er eine Professur in Tokio. Eine Ehrenprofessur in Bremen folgte wenig später (1988). 1995 wurde er überdies Gastprofessor in Shanghai. Im selben Jahr machte er auch als Architekt von sich reden: In Deutschland wurde der von ihm entworfene Umbau des Lüntec-Towers fertiggestellt.

Canon T90 von Colani aus dem Jahr 1984 (Foto: Wolfgang Thanner via Wikimedia.org)

Während Colani besonders in Asien auf viel Verständnis stieß und ihm dort vielfach große Bewunderung entgegengebracht wurde, blieben seine Arbeiten in Europa stets umstritten. Die einen fanden sie großartig und ihrer Zeit weit voraus, andere lehnten sie rundweg ab, sprachen von Eiern und Ufos. Er selbst sah insbesondere Deutschland bisweilen als rückständig an. 2004 nannte er Führungskräfte der dortigen Automobilindustrie etwa in einem Interview »Maulhelden« und »Konformisten«. Ein rabiater Tonfall übrigens, mit dem er sich immer wieder auch Feinde machte.

Colani blieb bis ins hohe Alter als Gestalter aktiv. 91-jährig ist er in Karlsruhe an einer schweren Krankheit gestorben. Die internationale Designszene verliert damit eine ihrer schillerndsten und kontroversesten Figuren.

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