Große Auseinandersetzung mit Günther Domenig in Kärnten

Manuel Pestalozzi
24. März 2022
Günther Domenig, Gründer-, Innovations- und Gewerbezentrum (GIG), Völkermarkt, 1995 (Foto © Gerhard Maurer)

 

Wirkungsschwerpunkt von Günther Domenig (1934–2012) war eigentlich Graz. Dort hatte er von 1953 bis 1959 an der Technischen Universität Architektur studiert. In Graz betrieb er auch sein Büro, und an seiner Alma Mater unterrichtete er als Professor. Doch Domenig war Kärntner; er wurde in Klagenfurt geboren und nach seinem Tod im Familiengrab in Feldkirchen bestattet. Auch zahlreiche seiner Werke befinden sich im Bundesland, zwei von ihnen spielen im umfangreichen Forschungs- und Ausstellungsprojekt »Günther Domenig: DIMENSIONAL« eine Hauptrolle. Verantwortlich für die Schau an vier Standorten sind das Architektur Haus Kärnten (AHK) – in Kooperation mit dem Land Kärnten –, das Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK) und die Domenig Steinhaus Privatstiftung.

Der Auftakt wird am 10. Juni dieses Jahres in Domenigs Steinhaus erfolgen. Das Experimentalgebäude am Ossiacher See ist vielleicht das wichtigste architektonische Vermächtnis des eigensinnigen Architekten und unstrittig ein Schlüsselwerk der jüngeren österreichischen Architekturgeschichte. Der verwegene Bau hat den Architekturdiskurs hierzulande mitgeprägt und viele Architekt*innen beeinflusst – insbesondere jene, die Architektur als Kunstform auffassen. Dort soll auch eine Tagung stattfinden. Erwartet werden namhafte Theoretiker*innen, Architekt*innen und Künstler*innen, die die historische und internationale Bedeutung von Günther Domenigs Werk sowie dessen aktuelle Relevanz beleuchten sollen. Das Steinhaus wird im Rahmen von »DIMENSIONAL« zum Ausstellungsobjekt. Bettina Kogler, Leiterin des Tanzquartiers Wien, wird das Gebäude durch Performances auf seine Körperlichkeit hin befragen. Die expressive Geste der Architektur, die zugleich Skulptur ist, dient also als Resonanzraum für andere Kunstformen. Dies entspricht der Programmatik der Domenig Steinhaus Privatstiftung und wäre wohl auch ganz im Sinne des Architekten selbst.

 

Steinhaus, Steindorf am Ossiacher See, 1980 (Foto © Gerhard Maurer)
»Die Stufenspirale« (Skizze: Günther Domenig © Architekturhaus Kärnten)
»Kampfzone oder Geröllzone« (Skizze: Günther Domenig © Architekturhaus Kärnten)

Am Samstag, dem 11. Juni, werden dann auch die übrigen Ausstellungsorte eröffnet. Im MMKK in Klagenfurt reflektiert das Kuratoren-Kollektiv section.a gemeinsam mit Christine Wetzlinger-Grundnig, der Direktorin des Museums, über das Verhältnis von Architektur und Kunst. Die Arbeiten von Günther Domenig werden in einen Dialog mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen und ausgewählten Werken aus der Sammlung des Museums gesetzt. Eine Ausstellung im Architektur Haus Kärnten, ebenfalls in Klagenfurt, wurde kuratiert von Raffaela Lackner, der Leiterin des Architektur Hauses, und section.a. Sie kontextualisiert das architektonische Schaffen Domenigs mit Arbeiten nachfolgender Generationen von Architekt*innen, die mehr oder weniger direkt von ihm beeinflusst wurden. Überdies ist eine Vortragsreihe mit ausgewählten Architekturschaffenden geplant.

 

Struktur für die Kärntner Landesausstellung, Heft (Gemeinde Hüttenberg), 1993 (Foto © Gerhard Maurer)
Filiale der Zentralsparkasse, Wien, 1979 (Foto © Stefan Ola)
Foto © Stefan Ola

Der vierte Austragungsort ist die Heft in der Marktgemeinde Hüttenberg. In den Ruinen des einstigen Eisenabbau- und -verarbeitungsgebiets entwickelte Günther Domenig 1993 anlässlich der damaligen Kärntner Landesausstellung eine Ausstellungsstruktur, die metaphorisch die unterirdischen Stollen baulich sichtbar und als Ausstellungsräume nutzbar machte. Sie gilt als weiteres wichtiges Werk in Domenigs Œuvre. Über Jahrzehnte stand das Bauwerk leer. Heute ist es teils von Pflanzen überwuchert, sodass sich eine bemerkenswerte Überlagerung von Architektur und Natur ergibt. Durch künstlerische Interventionen und Arbeiten von Student*innen ausgewählter Kunst- und Architekturuniversitäten, die von der Architektin Valerie Messini kuratiert wurden, wird das Gebäude dem Publikum wieder zugänglich gemacht.

Die Schau »DIMENSONAL« dauert vom 12. Juni bis zum 16. Oktober 2022. Begleitend werden im JOVIS Verlag zwei Publikationen erscheinen. Außerdem wird ein digitales Archiv das Ausstellungsprojekt ergänzen. Es macht das gesamte Recherche- und Ausstellungsmaterial einer größeren Öffentlichkeit zugänglich. Man darf sich auf den Sommer freuen.

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