Leistbar und innovativ?

Elias Baumgarten
30. April 2019
So könnte »Mo« einmal aussehen. Bild: Josef Weichenberger Architects + Partner und Clemens Gurtner

In Wien mangelt es an bezahlbarem Wohnraum. Viele Menschen können sich nicht mehr leisten, in der Stadt zu leben und werden verdrängt. Besonders gilt dies auch im Viertel Zwei im zweiten Gemeindebezirk. Denn in dem Stadtentwicklungsgebiet an der Trabrennbahn Krieau hat der private Entwickler IC Development in den letzten Jahren vor allem hochpreisige Wohnungen, Bürogebäude und ein Studentenheim errichten lassen. Neu ist dort ferner das Wohnprojekt »Korso« im Bau – zu einem Quadratmeterpreis um 6'000 Euro, wie Der Standard berichtete. Gegen den Vorwurf, man plane nur für eine reiche Klientel, verwahrt sich IC Development aber. Nun hat man ein Konzept für ein Großprojekt vorgelegt, das Netto-Kaltmieten ab etwa 10 Euro pro Quadratmeter verspricht. Das berichtete unlängst Der Standard. Das Projekt heißt »Mo« und wurde gemeinsam mit Josef Weichenberger Architects + Partner erarbeitet.

Anpassungsfähige Wohnungen

Etwa 200 kompakte Einheiten soll es in dem Haus geben. Je nach Belegung der Nachbarwohnungen könnten, so Sabine Müller, Marketingleiterin der IC-Muttergesellschaft Value Holding, gegenüber der Presse, diesen Räume zugeschaltet werden. Dadurch wären die Wohnungen anpassungsfähig. Dies würde den künftigen Bewohner*innen erlauben, möglichst lange in der Anlage zu verbleiben. Denn Umzüge seien »wahre Kostentreiber«, behauptete Müller gegenüber dem Standard.

Temporär zusätzliche Räume zu mieten und die Wohnung so zu erweitern ist – obschon als Innovation angepriesen – keine sonderlich neue Idee. In einigen Schweizer Wohnbauten beziehungsweise Genossenschaften ist dies schon des Längeren Realität. Ein Beispiel ist die Berner Genossenschaft Vordere Lorraine aus 2003. Sie wurde vor bald zwei Dekaden von der werkgruppe awg und Reinhard + Partner entworfen.

Verzicht auf einen eigenen Wagen

Interessant ist das Mobilitätskonzept, das für »Mo« entwickelt wurde. Vorgesehen ist, dass es kaum Parkplätze für die Mieter*innen gibt. Stattdessen sollen hauseigene Autos zur Verfügung stehen, für die Kilometer-Kontingente gemietet werden können. Die Kosten hierfür sind in obig genannten Mietzinsen nicht enthalten. Auch vergünstigte Tickets für die öffentlichen Verkehrsmittel sind angedacht. All dies soll die Bewohner*innen ermutigen, auf ein eigenes Auto zu verzichten. Das klingt gut.

Als Problem könnte sich dabei allerdings die Wiener Stellplatzverordnung erweisen. Denn diese legt fest, dass pro 100 Quadratmeter Wohnfläche ein Parkplatz gebaut werden muss. Diesen Wert würde »Mo« nicht erreichen. Diskussionen und Konflikte mit der Verwaltung wären vorprogrammiert.

Grundstückssuche

Noch existiert das Projekt nur als Modell und in Zeichnungen. Denn ein passendes Grundstück gibt es bisher nicht. Es müsste sehr günstig sein, so IC-Development, damit sich die Anlage ökonomisch lohne. Darum müsste der Bauplatz wohl am Stadtrand liegen und hätte wahrscheinlich auch keine U-Bahnstation in der Nähe. Ob das Mobilitätskonzept dann noch aufgehen und die pendelnden Bewohner*innen auf ein eigenes Auto verzichten würden, sei dahingestellt. 

Auch die Überbauung eines Supermarktes hält man indes, so Sabine Müller, für eine mögliche und gangbare Lösung. Verwirklicht werden könnte das Projekt ferner auch in einer anderen österreichischen Stadt. Überdies sucht der Entwickler nach einem finanzstarken Investor. Erst Kontakte seien geknüpft und Gespräche geführt, so Müller zuversichtlich.

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