Neuanfang im großen Maßstab
Mit mehreren Großformen wird das Spitalareal Ottakring neu gestaltet. (Visualisierung: © AHA – Austrian Healthcare Architects, expressiv)
Die Wiener Klinik Ottakring muss modernisiert werden – ein hoher Bedarf und veränderte Anforderungen an Krankenhäuser machen Um- und Neubauten nötig. In einem mehrstufigen Wettbewerb setzte sich das Team AHA – Austrian Healthcare Architects durch.
Auch wenn mehrstufige Wettbewerbe aufwendig sind, lohnt sich der Einsatz, um den bestmöglichen Entwurf zu finden. Im Falle des Neubaus für das Wiener Spital Ottakring hatte die Jury dem am Ende siegreichen Architektenteam sogar in der ersten Wettbewerbsstufe empfohlen, das Gebäude um 90 Grad zu drehen und die höheren Baukörper zurückzuversetzen. Das führte zu einer besseren Verteilung der Baumassen und spielte zudem einen Vorplatz frei, der als Quartiersplatz genutzt werden kann. Das Krankenhaus wird im Rahmen des größten Modernisierungsprogramms in der Geschichte des Wiener Gesundheitsverbunds sein Gesicht komplett verändern und unter laufendem Betrieb neu gebaut.
Mit dem EU-weit ausgeschriebenen, zweistufigen Realisierungswettbewerb suchte der Wiener Gesundheitsverbund Konzepte für die schrittweise Erneuerung der Klinik. Das Krankenhaus, das bis 2020 als Wilhelminenspital bekannt war, befindet sich im 16. Bezirk. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es – wie damals üblich – im Pavillonsystem entwickelt, bestand also lange Zeit aus mehreren, von Grünanlagen umgebenen Einzelbauten. Viele der heute genutzten Gebäude stammen aus der Zeit vor 1945 und entsprechen nicht den Anforderungen eines modernen Klinikbetriebs. Die 80 Klein- und Großbauten sind auf einem etwa 450 × 450 Meter großen Gelände entlang der Montleartstraße verteilt. Für die Klinik Ottakring war deshalb nicht nur ein Neubau, sondern auch eine inhaltliche und organisatorische Neuausrichtung gesucht. Die geplante Gesamterneuerung umfasst den Abriss aller nicht denkmalgeschützten Gebäude und die Errichtung eines zentralen Neubaus. Neben diesem werden auch ein Eltern-Kind-Zentrum und ein psychiatrisches Zentrum neu gebaut.
Die Planung für den Neubau der Klinik Ottakring ist entsprechend vielschichtig und umfasst mehrere Baufelder, auf denen die verschiedenen Gebäudekomplexe und Funktionsbereiche untergebracht werden sollen. Dass sich die Baufelder A und C1, auf denen das Zentralklinikum entsteht, teilweise überlappen, ermöglicht eine flexiblere Planung des zweiten Bauabschnitts und die Verschiebung bestimmter Funktionen. Auf Baufeld A werden im ersten Bauabschnitt die zentrale Notaufnahme und der Haupteingang erstellt. In einer zweiten Etappe entsteht auf Baufeld C1 der restliche Komplex.
Die einzelnen Abteilungen des Spitals sind bislang auf mehr als 80 Einzelgebäude verteilt und werden künftig in vier kompakten Häusern zusammengefasst. (Visualisierung: © AHA – Austrian Healthcare Architects, expressiv)
Unter Vorsitz des Schweizer Architekten Daniele Marques wählte die zwölfköpfige Jury aus 28 eingereichten Projekten sieben für die Teilnahme an der zweiten Stufe aus. Umgeben von Wohnquartieren, war neben der funktionellen und architektonischen Lösung auch der Städtebau entscheidend. Gleichzeitig galt es, hohe Anforderungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit und der Energieeffizienz sowie der Wirtschaftlichkeit in Errichtung, Betrieb und Unterhalt zu erfüllen.
Das Team AHA – Austrian Healthcare Architects, zu dem sich SWAP Architekten, Architects Collective und F+P Architekten bereits 2022 zusammengeschlossen hatten, überzeugte die Jury mit einer klaren Gliederung der Baukörper und dem besagten großzügigen Vorplatz. Neben einem stimmigen betriebsorganisatorischen Konzept mit gut durchdachten Abläufen und kurzen Logistikwegen lobte die Jury auch die kompakte Bauweise, die Möglichkeiten der natürlichen Belüftung und die bereits mitgeplante Begrünung der Gesamtanlage. Gleichzeitig ermöglicht das vorgeschlagene Projekt ein hohes Maß an Flexibilität für zukünftige Umnutzungen – im sich ständig wandelnden Spitalwesen sicherlich kein zu vernachlässigendes Argument.
Der zweite Preis ging an das Team aus Franz&Sue und dem Architekten Paul Pfaffenbichler, der dritte an den vom Büro wtr international und Schluder Architekten entwickelten Entwurf. Die Wettbewerbssieger sind mit der Generalplanung beauftragt, der Baustart ist für 2026 vorgesehen. Wie erwähnt, wird der Spitalbetrieb während der gesamten Bauzeit aufrechterhalten. Die Fertigstellung des neuen Großkrankenhauses mit seinen fast 70'000 Quadratmetern ist für 2040 geplant.