4 Geschwister, 4 Materialien, 4 Geschichten

Kuess Architektur
23. diciembre 2022
Foto © cstrobl
Frau Kuess, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Auf einem vergleichsweise kleinen Fahnengrundstück waren unterschiedliche Funktionen gegeben, ein bestehendes Weinstöckel etwa, ein halb verfallenes Wirtschaftsgebäude, eine Scheune und ein ungenutzter Weingarten. Unsere Aufgabe bestand darin, mit viel Liebe zum Detail ein ressourcenschonendes Ensemble zu entwickeln. Dabei sollte sichtbar bleiben, dass die Bestandsbauten zu unterschiedlichen Zeitpunkten errichtet wurden. Auch galt es, Tradition und Moderne harmonisch miteinander zu verbinden.

Foto © Foto-Augenblick
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Die Grundidee war, einen Familientreffpunkt beziehungsweise Rückzugsort für Ferien und Wochenenden zu schaffen. Der regionalen Architektur der weststeirischen Bauernhäuser sollte durch die Einführung moderner Elemente neues Leben eingehaucht werden.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Die Häuserzeile erstreckt sich entlang eines Grats im Gelände. Das Grundstück fällt von diesem zu beiden Seiten ab. Hier werden regionale Weine angebaut, und diese Ausgangslage sollte auch beibehalten werden.

Die alten Häuser wurden vom »Speck der Zeit« befreit. Das heißt, wir haben nachträgliche Zubauten, Dämmungen, Innenausbauten und dergleichen mehr gänzlich entfernt. So kamen die ursprünglichen Proportionen und Holzoberflächen wieder zum Vorschein. Wichtig war außerdem, mit der architektonischen Gestaltung den Ausblick auf die Weinberge der Umgebung einzufangen, ohne aber die Intimität des Rückzugsortes zu verlieren.

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Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Zunächst ist ein Gebäude zu planen und schließlich umzusetzen immer ein Prozess mit vielen Beteiligten. Auch bei diesem Projekt gab es natürlich in enger Abstimmung mit der Bauherrschaft laufend Anpassungen, unter anderem aufgrund des notwendigen behutsamen Umgangs mit dem Bestand im Laufe des Bauprozesses. Die Situierung und Ausrichtung der Gebäude wurde jedoch so beibehalten, wie wir sie schon in der ersten Entwurfsskizze dargestellt hatten.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Mittlerweile liegt auf der Arbeit mit historischer Bausubstanz ein Schwerpunkt unseres Büros. Gerne verbinden wir traditionelles Handwerk mit modernen Elementen und Baumethoden. Dabei können wir auf ein sehr gutes Netzwerk an Professionisten und Firmen zurückgreifen, die unsere Herangehensweise verstehen und mit denen wir in engem Austausch Projekte umsetzen.

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Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Wir beobachten, dass das Interesse, historische Architektur und traditionelles Handwerk spürbar zu machen, derzeit groß ist. Besonderen Wert legen wir dabei auf die Verwendung umweltfreundlicher Materialien. So wurden fast ausschließlich ökologisch nachhaltige Naturmaterialien wie eine Hanfdämmung, Lehmputz und eben Holz verbau.

Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Alle Geschwister und Geschichten verbinden die in unterschiedlicher Art und Weise eingesetzten Materialien. Holz findet sich in der Anlage in Form tragender und mindestens 200 Jahre alter Außenwände genauso wie als neue Holzständerwände oder in Form von Schindeln auf Dächern und Wänden. Es ist ein Hauptbestandteil der Hofanlage. Stein, genauer regionaler Stainzer Gneis, wird schon seit Jahrhunderten für sein Aussehen, seine Robustheit und seine Beständigkeit geschätzt. Eingesetzt haben wir ihn nicht nur für Terrassen und Wege, sondern für von Hand fein bearbeitete Kaminabdeckung, Küchenarbeitsplatten oder auch als Sichtmauerwerk. Sichtbeton wurde verbaut, wo er aus statischen Gründen sinnvoll ist und als Brandwände. Corten-Stahl, ein Baumaterial, das wie Holz und Stein eine Patina entwickelt, ist ein weiteres verbindendes Element in der Gestaltung der vier Häuser. Wir haben ihn klar, linear und markant eingesetzt, aber nicht dominierend. Er ist für uns ein zeitgenössisches Element, mit dem sich aber eine zeitlose Architektur realisieren lässt.

Verarbeitet wurden die Materialien von Menschen aus der Region: Der Zimmerer ist ein Nachbar, der Tischler hat seine Werkstatt gleich ums Eck, und der Elektriker hat seinen Betrieb am Gegenhang.

Pläne von oben nach unten: Ostansicht, Grundriss Erdgeschoss
Nordansicht
Bauwerk
Schneebauer Geschwister
 
Standort
8501 St. Stefan ob Stainz
 
Nutzung
Ferienhaus
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
Privat
 
Architektur
Kuess Architektur ZT, Lieboch, 
ArchIN DI Nina Kuess und DI Rene Märzendorfer
 
Jahr der Fertigstellung
2019
 
Maßgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeister: Bauunternehmen Hoppaus & Hasslinger
Zimmerei: Schranger Holzbau
HKLS-Installationen: Wonisch Installationen
Elektroinstallationen: Resch Elektrotechnik
Tischler: Tischlerei Klug
Treppen: Prietl Tischlerei und Stiegenbau
Lehmputz: ProLehm
Schlosser: Metallbau Melcher
Spengler und Dachdecker: Süddach
Fenster: KAPO
 
Auszeichnung
Anerkennung beim Architekturpreis des Landes Steiermark 2021
 
Fotos
cstrobl und Foto-Augenblick (Barbara Zapfl)

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