Das Haus im Faltenkleid

goebl architecture
31. janvier 2020
Foto: Bruno Klomfar
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das Gebäude liegt im Zentrum von Herzogenburg in Niederösterreich. Es bildet einen neuen Eckstein des historischen Ensembles am Stadtplatz. Ein auf dem Grundstück gelegenes Haus aus der Gründerzeit wurde in den 1960er-Jahren abgetragen und durch einen Neubau der Stadtverwaltung ersetzt. Dieser wurde nicht als erhaltungswürdig angesehen und daher abgebrochen, um Platz für Neues zu schaffen. Unser Bau soll einerseits bewusst auf die naheliegende historische Umgebung reagieren und andererseits einen baukulturellen Beitrag zur Gegenwartsarchitektur leisten.

Das bestehende Fachärztehaus wurde adaptiert und trotz Beibehaltung des eigenen Einganges mit dem Rathaus verbunden. Ein neu errichteter Lift dient der barrierefreien Nutzung beider Häuser auch außerhalb der Öffnungszeiten des Rathauses.

Foto: Bruno Klomfar
Foto: Bruno Klomfar
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Wir reagierten beim Entwerfen auf das Volumen und die Höhenentwicklung der Umgebung, indem wir Dachformen sowie Traufen- und Firstlinien aufnahmen.

Bossenwerke und Putzstrukturen der Fassaden benachbarter Gebäude, aber auch Kupferstiche von Heinrich Goltzius und eine Skulptur vom niederösterreichischen Künstler Uwe Hauenfels dienten uns als Inspiration. Sie waren beispielgebend für die Entwicklung der dreidimensionalen, topographischen Fassade.

Foto: Bruno Klomfar
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?

Die Stadtgemeinde wollte sich modern und transparent zeigen. Unsere Aufgabe war es, dies in ein Gebäude zu übersetzen. Ein hoher Wiedererkennungswert war anzustreben – jeder sollte das »Neue Rathaus« als Bauwerk der Gegenwart erkennen, und die Einwohner*innen der Gemeinde sollten stolz auf »ihr« Rathaus sein können. Die Gestaltung sollte die Wahrnehmung des Innenlebens von außen ermöglichen, um den Bürger*innen die Tätigkeit der Stadtverwaltung näherzubringen und Barrieren abzubauen.

Foto: Bruno Klomfar
Foto: Bruno Klomfar
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?

Im Jahr 2018 wurden die drei für uns bisher wichtigsten Projekte, der »Tower of Power«, die Weinkellerei »Winzerhof Dockner« und eben das Rat- und Fachärztehaus Herzogenburg, nahezu gleichzeitig eröffnet. Sie markieren einen wesentlichen Entwicklungsschritt unserer Firma, in technischer, formaler und organisatorischer Hinsicht. In Herzogenburg haben wir zum ersten Mal eine algorithmisch generierte Fassade, die auf analogen Zeichnungen und Modellen basiert, entwickelt und realisiert. 

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Die Büros des Rathauses sind hell, großzügig und flexibel. Die Möbel wurden zusammen mit dem Gebäude entworfen. Daher konnten sie sowohl optisch als auch funktionell perfekt integriert werden.

Das Haus wurde mit modernster Technik ausgestattet. Durch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz – die thermische Optimierung der Gebäudehülle etwa, Tageslicht-gesteuertes Belichtungs- und Verdunkelungssystem sowie die Wiederverwendung der alten Photovoltaik-Anlage – konnten die Betriebskosten im Vergleich zum Vorgängerbau um ein Vielfaches gesenkt werden.

Foto: Bruno Klomfar
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Die Fassade stellte, wie schon angedeutet, eine große Herausforderung dar, da sie nur in Kombination von aktuellster Software und Fertigungstechnik ausgeführt werden konnte.

Der Prozess der Formfindung führte von Skizzen und Papiermodellen über algorithmisch generierte und gefräste Arbeitsmodelle zu einem 1:1-Prototypen. Die Firma Fielitz, ein weltweiter Marktführer für Leichtmetall-Reliefs mit Hauptsitz im bayerischen Ingolstadt, fertigte die Fassadenpaneele aus perforiertem Alublech mittels Hydroforming. Diese wurden dann von der ortsansässigen Firma Pasteiner verbaut.

Schwarzplan
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss 1. Obergeschoss
Grundriss 2. Obergeschoss
Schnitt
Name des Bauwerks
Rat- und Fachärztehaus Herzogenburg
 
Ort
Rathausplatz 8, 3130 Herzogenburg
 
Nutzung
Büro, Verwaltung, Gesundheit
 
Bauherrschaft
Stadtgemeinde Herzogenburg
 
Architektur
goebl architecture, Wien und Krems
Fritz Göbl, Lukas Göbl und Andrés España (Projektleiter), Alexander Enz (Fassaden- und Möbelplanung)
Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Architekten Richard Zeitlhuber aus Herzogenburg
 
Bauleitung 
Architekt Dipl.-Ing. Josef Ruhm, 3130 Herzogenburg
 
Jahr der Fertigstellung
2018
 
Auszeichnung
German Design Award 2019
 
Fotos
Bruno Klomfar

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