Unter Nachbarn – oder: Warum auf der anderen Seite das Gras zuweilen weniger grün scheint

Manuel Pestalozzi
15. 6月 2022
Die Landesgrenze soll Architekt*innen nicht davon abhalten, sich an Wettbewerben zu beteiligen. (Collage: Margit Friedrich)

 

Österreichs Verbindung mit dem deutschen Nachbarbundesland Bayern ist auch aufgrund der kulturellen Ähnlichkeiten traditionell enger als mit der restlichen Bundesrepublik. Einige Reibereien auf politischer Ebene wie zuletzt zwischen Bayern und Tirol tun dem kaum Abbruch. Im Zuge des von der EU geförderten Projekts Interreg haben die Bayerische Architektenkammer und die Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen gemeinsam einen intensiven Austausch initiiert – wir berichteten. Das Projekt wird Ende dieses Monats auslaufen. Zum Abschluss präsentierte Projektkoordinatorin Margit Friedrich gemeinsam mit Daniel Fügenschuh, dem Vizepräsidenten der Österreichischen Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen, und Franz Damm, dem Vizepräsidenten der Bayerischen Architektenkammer, die Ergebnisse.

Bei der bayerisch-österreichischen Untersuchung standen Architekturwettbewerbe dies und jenseits der Landesgrenze im Fokus. Sie wurden zum Beispiel auf die Anzahl und Herkunft der Teilnehmenden hin analysiert. Margit Friedrich sagte anlässlich der Präsentation der Ergebnisse, man habe feststellen müssen, dass die subjektive Wahrnehmung doch deutlich von den tatsächlichen Zahlen abweicht. Beispielsweise liegt die durchschnittliche Teilnehmerzahl deutlich niedriger als gedacht. Architekt*innen aus dem Ausland beteiligen sich außerdem sowohl in Österreich als auch in Bayern weniger an Wettbewerben als auch schon – ihr Anteil ist in den letzten Jahren auf zehn Prozent abgesunken. Pro Jahr zählte die Untersuchung auf beiden Seiten der Grenze rund 100 Architekturwettbewerbe.

 

Nur im eigenen Teich fischen?

Das Projektteam hält die grenzüberschreitende Beteiligung an Architekturwettbewerben für ausbaufähig. Die Expert*innen würden sich wünschen, dass mehr österreichische Architekt*innen an Konkurrenzverfahren in Bayern teilnehmen und umgekehrt. Denn ein gesundes Kräftemessen unter Gestalter*innen kommt der Baukultur zugute. Hindernisse dafür seien in den vergangenen Jahren eine oftmals unsichere Wirtschaftssituation und ein Mangel an Fachkräften gewesen. Architekturschaffende aus Bayern glaube außerdem oft, in Österreich gebe es enorm große Konkurrenz – vor allem zahlenmäßig, aber auch hinsichtlich der Qualität. Unsere nördlichen Nachbarn entscheiden sich aber auch aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen häufig gegen eine Teilnahme. Architekt*innen aus beiden Ländern wünschen sich unterdessen angemessenere Preisgelder, längere Fristen sowie eine ausgewogenere Zusammensetzung von Jurys.

Zudem wurde im Zuge des Projekts gemeinsam ein Tool entwickelt, welches eine einfache und übersichtliche Gegenüberstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen beider Länder bietet. Es soll Architekt*innen den Zugang zu Wettbewerben jenseits der eigenen Landesgrenze erleichtern und Ängste vor dem vermeintlich Unbekannten abbauen. Als Schlussstein wird Ende Juni noch ein Projekthandbuch erscheinen, das die Argumente für eine grenzüberschreitende Teilnahme an Architekturwettbewerben zusammenfasst.

このカテゴリ内の他の記事