Das Holzhaus und der Kirschbaum
Kaltenbacher und Steinbauer
27. januari 2023
Foto: © Steinbauer architektur+design
Oliver Steinbauer hat gemeinsam mit dem Team von Kaltenbacher Architektur ein Wohnhaus in Weibnitz verwirklicht. Er erklärt, wie das Bauwerk an den ländlichen Kontext angepasst wurde, ohne seine Einzigartigkeit einzubüßen.
Herr Steinbauer, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Eine der Besonderheiten des Projektes ist die einfache Form der Grundrissgestaltung. Das Haus besteht aus einem offenen Giebel, der von Süd nach Nord durchwandert wird und an den sich öffentliche, halböffentliche und private Räume anordnen. Leicht aus der zentralen Achse gerückt, liegen der östliche Eingang in das Gebäude sowie – wieder um die Achse des Giebels gespiegelt – der Ausgang in den Garten nach Westen.
Südgiebel (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Ort hat den Entwurf entscheidend mitgestaltet. So prägen vor allem landwirtschaftliche Nutzgebäude mit Schrägdächern das Ortsbild der Marktgemeinde Weibnitz. Diese Dachlandschaft und Bauform greift unser lang gestreckter Neubau auf. Ergänzt wird der Baukörper jedoch mit gezielten Öffnungen in Richtung des nahe gelegenen Fichtenwaldes, der Pferdekoppel, des namengebenden Kirschbaumes, aber auch nach Westen hin zur Kulisse der Berge.
Nordgiebel (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
Jedes unserer privaten Projekte entsteht in einem engen Dialog mit den späteren Nutzern und mit der wichtigsten Zutat für eine stimmige Gestaltung: Zeit. So vergingen zwischen dem Erstgespräch der Fertigstellung nahezu vier Jahre. Eine Zeit des Reifens und des gemeinsamen Prozesses, die entscheidend ist für eine beständige Architektur.
Durchsicht (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?
Mein Erstlingsprojekt war »Avos«, ein in verkohlte Lärche gekleidetes Einfamilienhaus in den Weingärten der Thermenregion, danach folgte das Wohnhaus »Lia«, eine monolithische Sargdeckelkonstruktion aus Beton. Nun entstanden gemeinsam mit dem Team von Kaltenbacher Architektur das »Kirschhaus« und mein erstes Großprojekt, das »Haus Havanna«. Bei Letzterem handelt es sich um die Revitalisierung eines denkmalgeschützten Tabakspeichers von Peter Behrens. Auch dieses Bauwerk wird gerade bezogen. Der gemeinsame Nenner aller Projekte ist die Hingabe zur Architektur selbst – eine nicht definierbare Emotion, die in allen Projekten spürbar weiterlebt.
Das Kirschhaus im Abendlicht (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Detail der Fassade (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Das vorherrschende Material ist Fichtenholz. So besteht die tragende Struktur aus einer Holzrahmenkonstruktion. Sie ruht auf einem massiven Sockelgeschoss. Bei der Außenhaut handelt es sich um eine dunkel-ebonisierte und bandsägeraue Fichtenfassade. Die mittels Nut und Feder verbundenen Bretter verleihen dem Baukörper eine zurückhaltende, schlicht-reduzierte Ausstrahlung. Die Fensterrahmen und die Dachfläche nehmen sich ebenfalls in ihrer Farbigkeit zurück und bilden durch ihr mattschwarzes Auftreten den nötigen Kontrast.
Der Innenraum kontrastiert das dunkle Äußere. Fein abgestimmte Materialien wie naturgeölte Fichtenfenster schaffen nicht nur einen Ort zum Wohnen, sondern zum Leben.
Küche (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Garderobe (Foto: © Steinbauer architektur+design)
Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Kirschhaus
Standort
2620 Weibnitz
Nutzung
Einfamilienhaus
Auftragsart
Direkt
Bauherrschaft
Privat
Architektur
Steinbauer architektur+design, Wiener Neustadt, und Kaltenbacher Architektur ZT Gmbh, Scheiblingkirchen
Jahr der Fertigstellung
2022
Gesamtkosten
EUR 0.5 Mio.
Fotos
© Steinbauer architektur+design