Es sollte nur ein kleiner Umbau werden

synn architekten
19. juni 2020
In der Wohnküche (Foto: Hertha Hurnaus)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Das Haus aus den 1960er-Jahren wurde von einem bildenden Künstler für seine drei Schwestern gebaut. Daher waren viele kleine Zimmer von einem zentralen Vorraum aus zu begehen. Das Objekt sollte wohl zuvorderst den Wohnbedarf decken und hat die wunderschöne Landschaft und vor allem den nahen Inn einfach nicht berücksichtigt. Für sich selbst hat der Künstler ein riesiges Nordfenster im Atelier eingebaut, die Kunstwerke (Reliefs) ins Haus und ins Leben integriert, der Inn blieb aber trotzdem in der Architektur ausgeblendet. 

Erkerfenster zum Inn (Foto: Hertha Hurnaus)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?


Das Haus war ein Traum unserer Bauherrin, sie wollte es schon seit Jahren kaufen. Der vorige Eigentümer, der sich mit Kunst und Antiquitäten beschäftigt, hatte aber Sorge, dass nach dem Verkauf das Haus ohne Gefühl umgebaut und die vielen besonderen Bauteile zerstört würden. Das ist, so glaube ich, nicht passiert, wir sind gemeinsam mit der Bauherrin behutsam vorgegangen.

Es ging vorrangig darum, das große Potenzial des besonderen Hauses herauszuarbeiten, es als Einfamilienhaus großzügig und wohnlich zu gestalten, jedoch die Geschichte nicht zu zerstören. 

Detail Bestand (Foto: Hertha Hurnaus)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Der Erbauer hat zwar alles gestaltet, aber – warum auch immer – Landschaft und Innenräume getrennt voneinander verstanden. Die wunderschöne Landschaft rundherum und vor allem der Inn waren daher, wie eingangs erwähnt, von den Innenräumen aus nicht sichtbar. Man muss auch dazu sagen, dass das Haus wohl aus einer Situation stammt, in der es um das Befriedigen des Bedürfnisses Wohnen ging. Von den Sitzplätzen rund ums Haus gibt es sehr wohl wunderschöne Blicke auf den Fluss und die nahe Burg. 

Innen- und Außenraum optisch zu verbinden, war der wichtigste Punkt, der verändert werden sollte. Nun kann man den Inn direkt aus dem Sitzfenster, das von außen wie ein kleiner Erker wirkt, beobachten und hat einen wunderbaren Blick in Richtung des Schlosses auf der deutschen Seite des Inns; der Raum hat seine richtige Richtung bekommen. Der Wohnraum wurde auch mit großen Schiebetüren geöffnet, allerdings zum ruhigen bestehenden Innenhof.

Gesamtansicht vom Garten (Foto: Hertha Hurnaus)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Wir konzentrierten uns bei der Gestaltung auf die mehr oder weniger drei Wünsche, die wir gemeinsam herausgearbeitet hatten: eine Blickbeziehung zum Inn, den Garten im Wohnraum spürbar machen und eine große Wohnküche (unter Beibehaltung der Rückzugsräume, also eine Bereinigung des Grundrisses). 

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Nein, gar nicht. Es ging darum, genau auf das Haus zugeschnittene Lösungen abseits irgendeines Trends zu finden, das betrifft alle Bereiche von der optischen Gestaltung bis zur Technik.

Für die technische Generalsanierung (Fenster, Dach, Elektrik, Heizung und vieles mehr) brauchte uns die bauerfahrene Hausherrin nur bei wirklich kniffligen und für die Firmen ungewohnten Fragen als Berater – zum Beispiel war offen, mit welchem Material man das alte Haus verputzen sollte, wenn man es nicht dämmen möchte. Das klingt nach sehr einfachen Fragen, die aber mit der heute üblichen Herangehensweise wirklich gut zu überlegen und langwierig mit den Firmen zu klären sind. Wir haben geholfen, den Blick frei zu machen von vorgefertigten Meinungen und standardisierten Vorgehensweisen und einfach abzuwägen – wann gewinnt das Haus, wann verliert es.

Gesamtansicht vom Innenhof (Foto: Hertha Hurnaus)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Fenster und Schiebetüren mit ganz schmalen Profilen wurden verwendet, denn das zeigt die moderne Intervention noch deutlicher.

Das Nordfenster wurde wieder zugemauert, die Stiege bequemer gestaltet, der Raum hat nun seine richtige Richtung, das Haus ist eine ruhige Oase. Die südseitigen zwei Räume wurden zur Wohnküche zusammengefasst und die Außenwand um etwa 1,2 Meter nach außen verschoben – wobei sie eigentlich fast nur aus den Schiebetüren besteht. Ein bisschen mehr als einen Meter klingt nach nicht viel, verändert aber die Proportion des Raumes enorm, und in diesem Fall wird damit die Linie des Zimmers daneben aufgenommen. Der grüne Hof mit der gegenüber liegenden Sitzterrasse ist nun perfekt gefasst.

Grundriss Erdgeschoss
Name des Bauwerks
»Haus Wernstein«
 
Standort
4783 Wernstein am Inn
 
Nutzung
Einfamilienhaus
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
privat
 
Architektur
synn architekten ZT-OG, Wien
 
Jahr der Fertigstellung
2019
 
Fotos
Hertha Hurnaus, Wien

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