Miteinander als Programm
Katinka Corts
19. mayo 2023
Foto: © tschinkersten fotografie, 2022 / AllesWirdGut Architektur
Bis zu 20 Stockwerke hoch ragen die Türme einer neuen Wohnanlage von AllesWirdGut in den Himmel Bratislavas. Sie vereint kleine Wohneinheiten, Familienwohnungen und Penthouses. Ein kontinuierliches Fassadenraster überzieht alle Gebäudeteile.
Dieser Beitrag wurde von german-architects.com übernommen.
Das in Wien und München ansässige Büro AllesWirdGut Architektur (AWG) hat im slowakischen Bratislava das große Wohnprojekt »Guthaus« mit 292 Wohnungen fertiggestellt. Der dreiteilige Komplex besteht aus zwei Türmen mit 17 beziehungsweise 20 Geschossen und einem 8-stöckigen Verbindungsbau. Der Architekturwettbewerb fand 2016 statt, und die Bauarbeiten begannen 2019.
Das Grundstück befindet sich in einem ehemaligen Industriegebiet im Stadtteil Nové Mesto an der Račianska-Straße, welche die Hauptstadt an das Umland im Norden anbindet. Erschlossen sind die drei Gebäudeteile des Wohnblocks nicht über die östlich verlaufende Nebenstraße, sondern von Westen über einen kleinen parkähnlichen Einschub hinter dem Flachbau des benachbarten Supermarkts. Die östliche Seite der Anlage bleibt damit von Erschließungsflächen frei und kann als angebundener halbprivater Freiraum gleich neben einem öffentlichen Spazierweg genutzt werden.
Foto: © tschinkersten fotografie, 2022 / AllesWirdGut Architektur
Foto: © tschinkersten fotografie, 2022 / AllesWirdGut Architektur
Foto: © tschinkersten fotografie, 2022 / AllesWirdGut Architektur
Die Grundrisse der Häuser sind so konzipiert, dass alle Wohnungen über einen Mittelgang erschlossen werden und jeder Wohnraum direkt an den Balkon anschließt. Die markant gezackten und geschossweise zueinander versetzten Bodenplatten lassen die Balkone, die in Wahrheit einzeln den Wohnungen zugeordnet sind, wie durchgehende Laubengänge wirken.
Optisch verschwimmt mit dieser bewussten Nicht-Gliederung auch der Übergang zwischen den unterschiedlich hohen Baukörpern. Lediglich das Fehlen der als Brisesoleil eingesetzten Metallgitter-Elemente am Balkon schafft eine horizontale Teilung auf Höhe des 9. Obergeschosses, also auf Dachhöhe des Verbindungsbaus. Auf diesem wiederum befindet sich ein von den Bewohnenden gemeinsam genutzter Dachgarten. Er ist intensiv begrünt und 2600 Quadratmeter groß. Für seine Gestaltung waren die Berliner Landschaftsarchitekt*innen des Büros Man Made Land verantwortlich. Rund um die Anlage ergänzen ein Gemeinschaftsgarten und verschiedene Sportflächen das Freiraumangebot.
»Begegnung statt Einsamkeit. Aktivität gegen Stagnation« nennt das AWG in seiner Projektbeschreibung. Der Austausch innerhalb der großen Hausgemeinschaft, der neben besagtem Dachgarten auch ein doppelgeschossiges Foyer als Treffpunkt zur Verfügung steht, ist gewünscht und scheint hier Programm auch des slowakischen Projektentwicklers Corwin zu sein. Wie sehr die Gemeinschaftsflächen dann wirklich kollektiv genutzt werden, wird wohl – wie so oft bei solchen Angeboten – erst die Zeit zeigen. Trotz aller Farbigkeit und der warm wirkenden Materialien ist gerade das Foyer zunächst nur ein Vorbereich zum Stiegenhaus mit Briefkästen und kleineren Sitzgelegenheiten entlang der Wände, der von der Hausgemeinschaft erst noch erobert werden will.
Lageplan (© AllesWirdGut Architektur)
Grundriss Erdgeschoss (© AllesWirdGut Architektur)
Grundriss 9. Obergeschoss (© AllesWirdGut Architektur)
Schnitt (© AllesWirdGut Architektur)
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