Die Dorfhalleschule – oder: Verdichten im denkmalgeschützten Bestand

Architektinnen Schremmer Jell
1. September 2023
Die historischen Bauten von Kurt Kühne und den Architekten Franz Gary und Walter Ister bilden zusammen mit der neuen Aufstockung ein Ensemble. In dem hinzugefügten Holzbau befinden sich neue Räume für die Schule darunter. (Foto: Kurt Hörbst)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die Herausforderung bestand darin, an einer baugeschichtlich wertvollen Anlage weiterzubauen: In dem denkmalgeschützten Baukörper im Linzer Stadtteil Franckviertel, der 1954 nach den Plänen der Architekten Franz Gary und Walter Ister erbaut wurde, befinden sich heute eine Volksschule und ein zugehöriger Hort. Weiters bildet das Volkshaus Franckviertel aus dem Jahr 1928, das der Architekt Kurt Kühne entworfen hat, mit eben dieser Schule ein Ensemble. Im 2. Obergeschoss des Schulhauses ist eine Ganztagesvolksschule untergebracht, des Weiteren befinden sich im Bestand eine Schulwartwohnung und das Stadtteilcafé Café Franck. Unsere Aufgabe bestand nun darin, die vorhandene Schule um Gruppen- beziehungsweise klassenwertige Räume zu erweitern.

Blick auf die Aufstockung, die sich gestalterisch vom Bestand abhebt, aber dennoch auf dessen Architektur Bezug nimmt. (Foto: Kurt Hörbst)
Bei der Erweiterung des bestehenden Stiegenhauses treffen alte und neue Elemente mit großer Selbstverständlichkeit aufeinander. (Foto: Kurt Hörbst)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Wir haben einen zurückhaltenden Baukörper als Aufstockung in Holzbauweise konzipiert, der sorgfältig auf die Bestandsgebäude abgestimmt ist. Eine klare Zäsur zwischen Altbestand und Neubau entsteht in Form eines Gebäuderücksprungs. Der neue Baukörper erhält auf diese Weise einen »schwebenden« Charakter. Aus statischen Gründen haben wir ihn als Leichtbau ausgeführt.

Unsere Fassadengestaltung orientiert sich an der Fensterteilung der darunter liegenden Bestandsfassade. Hellgraue Blechpaneele beziehungsweise ein hellgraues, hinterlüftetes Blechdach, das hinsichtlich seiner Farbe den vorhandenen Dachflächen ringsherum gleicht, ergänzen die Glasflächen.

Bewegungsraum im neuen Teil des Schulhauses (Foto: Kurt Hörbst)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Der bestehende Straßenraum an der Franckstraße ist breit und die umliegenden Gebäude ragen hoch auf, was eine Aufstockung respektive Verdichtung städtebaulich zuließ. Einen Aufbau hinzuzufügen ermöglichte uns, die wertvollen Freiflächen in dem innerstädtischen Bereich zu erhalten. Neben der Aufstockung wurden im Bestand später hinzugefügte Einbauten entfernt. So ist zum Beispiel im Foyer im Erdgeschoss nunmehr die ursprüngliche Bausubstanz freigelegt.

Im Zuge einer Bestandsbefundung wurden charakteristische Gestaltungselemente wie zum Beispiel die fünf Farben des ursprünglichen Bestandsgebäudes bestimmt. Diese wurden sodann ins Farb- und Materialkonzept für die Erweiterung übernommen und behutsam etwa bei den Möbeln oder den Türelementen inklusive Glasfenstern aufgegriffen.

In einem neuen Gruppenraum (Foto: Kurt Hörbst)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Grundlage für unseren Entwurf war es, das benötigte Raumprogramm in die bestehende Gebäudestruktur zu integrieren und sich dabei mit dem Bundesdenkmalamt abzustimmen. 

Sich in die Perspektive der künftigen Nutzer*innen hineinzuversetzen und sich eingehend mit der städtebaulichen Situation und dem Umfeld zu befassen, stand am Anfang unserer Arbeit – wie bei jedem unserer Projekte. Und wie bei den meisten Bauvorhaben galt es, die wesentlichen Projektideen bis zum Schluss zu transportieren.

Blick von einer neuen Terrasse auf den Schulhof mit Sportanlagen (Foto: Daniela Köppl)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Bereits über zwei Generationen darf unser Büro laufend spannende Bauaufgaben im Bestand, Denkmalschutz sowie Adaptive Reuse bearbeiten. Zu unseren erfolgreichen Projekten gehören die Kinderbetreuung Am Hartmayrgut, der Wiederaufbau des Landeskulturzentrums Ursulinenhof und – ganz neu – die Revitalisierung des Kraftwerksgebäudes in der Tabakfabrik Linz, um einige Beispiele zu nennen.

Schwarzplan (© Schremmer Jell)
Grundriss Erdgeschoss (© Schremmer Jell)
Grundriss 3. Obergeschoss (© Schremmer Jell)
Bauwerk
Dorfhalleschule
 
Standort
Franckstraße 70, 4020 Linz
 
Nutzung
Volksschule mit ganztägiger Schulform (1. bis 4. Schulstufe)
 
Auftragsart
Aufstockung und Nachverdichtung im Denkmalschutz
 
Bauherrschaft
Immobilien Linz GmbH & CoKG, Linz (Immobiliengesellschaft der Stadt Linz)
 
Architektur
Architektinnen Schremmer Jell ZT GmbH, Linz
Ute Schremmer, Gerhild Eva Schremmer und Franz Moser
mit Unterstützung des Bundesdenkmalamts – Landeskonservatorat für Oberösterreich
 
Fachplaner
Statik und Bauleitung: Bauwerk consult oppenauer GmbH
Brandschutz: Ingenieurbüro Flammpunkt GmbH
HKLS: iwm Ingenieurbüro Wolfgang Mittasch
Elektrotechnik: Elektrotechnik Steinbichl
 
Bauleitung 
Bauwerk consult oppenauer GmbH
 
Fertigstellung
2021
 
Kunst am Bau
Gerhard Müllner, Linz: Stiegengeländer und Farbflächen
 
Fotos
Kurt Hörbst und Daniela Köppl

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