Dem Original verpflichtet
Gerne bauen BWM Designers & Architects denkmalgeschützte Häuser weiter. Partner Markus Kaplan berichtet, wie sein Team in Wien einen Bürobau des Architekten Carl Appel zum Hotel »The Hoxton, Vienna« umgestaltet hat.
Herr Kaplan, welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Unser erklärtes Ziel war es, mit dem Bestand sorgsam umzugehen und seine besonderen Charakteristika zu erhalten – stets in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt. Es geht uns stets darum, die Stadt weiterzubauen. Wir möchten Vorhandenes verstehen und ihm gerecht werden, statt es achtlos zu überformen. Wir sind darum froh, dass es bei diesem Projekt gelungen ist, die Nachkriegsarchitektur mit ihrer Nüchternheit und Klarheit in die Jetztzeit zu überführen. Die Fassade erstrahlt in altem Glanz, und dem Dachgeschoss wurde die ursprüngliche Klarheit zurückgegeben, indem wir die Aufbauten aus den 1980er-Jahren entfernt haben.
Das in den 1950er-Jahren von Architekt Carl Appel errichtete Gebäude am Rudolf-Sallinger-Platz liegt städtebaulich prominent auf einem kleinen Hügel in der Nähe des Stadtparks und des Modenaparks. Das siebengeschossige Hauptgebäude ist diagonal auf dem Grundstück platziert. Der Grundriss ist symmetrisch aufgebaut: In der Gebäudemitte sind das Treppenhaus sowie zwei Liftanlagen angeordnet, seitlich docken Flügel an.
Unsere Leidenschaft liegt darin, die Architektur der Nachkriegszeit für die nächsten Generationen zu erhalten, und wir konnten bei diesem Projekt besonders nachhaltig agieren: Der Bestand wurde von einem Bürogebäude in ein Hotel umgebaut, ohne dabei die Kubatur massiv anpassen zu müssen. 196 Zimmer konnten mit wirklich geringem ökologischen Fußabdruck realisiert werden. Das ursprüngliche Planungsraster der Büroräumlichkeiten haben wir kurzerhand in ein Hotelplanungsraster umgewandelt: Auf jeder Fensterachse liegt ein Zimmer. Zusätzlich wurde über dem Dach des Auditoriums schwebend ein eingeschossiger Baukörper mit sechs zusätzlichen Zimmer als Leichtbaukonstruktion errichtet.
Wir beschäftigen uns seit Jahren hauptsächlich mit dem Bauen im Bestand, mit dem Denkmalschutz und den Schutzzonen unserer Städte. An alten Gebäuden weiterzubauen ist aufwendiger als neue zu planen: Man muss sich intensiv mit dem Umfeld auseinandersetzen, muss recherchieren und analysieren, neue Inhalte integrieren und bis ins Detail große gestalterische Sorgfalt walten lassen. Das verlangt nach viel Geduld und Erfahrung.
Wir verstehen den Denkmalschutz als Aufforderung, ein Bauwerk wirklich genau zu analysieren; wir befassen uns vertieft mit seiner Geschichte, seiner Konstruktion und natürlich seiner Gestaltung. Steht ein Gebäude unter Denkmalschutz, ist das eine Auszeichnung: Dieser Status bedeutet die Anerkennung seiner historischen und/oder gestalterischen Qualitäten. Architektonisch ist das reizvoll: Es sind bereits Geschichten vorhanden, die man aufgreifen und weiterstricken kann.
Das ursprüngliche Erscheinungsbild der zum Teil aus Naturstein gefertigten Fassade haben wir mithilfe des sogenannten Cipollino-Steins wiederhergestellt. Auch die Teilung der Platten haben wir dem Original entsprechend rekonstruiert und ihre plastische Wirkung mit Vor- und Rücksprüngen wieder herausgearbeitet. Den Portikus sowie die Eingangsportale konnten wir im Original erhalten.
Im Erdgeschoss ist die 190 Quadratmeter große zweigeschossige Lobby mit Galerie angesiedelt, die geriffelte Säulenverkleidungen aus Aluminium und der originale Terrazzo konnten dort ebenso wie die bauzeitlichen Aluminium-Geländer mit schwarzem Gummihandlauf erhalten bleiben. Die Eingangstore sind in eloxiertem Aluminium ausgeführt, ihre Türgriffe noch original.
Das Stiegenhaus öffnet sich nach oben hin. Eine eigens entwickelte LED-Lichtlinie weist einem nun den Weg vom ersten bis ganz nach oben ins achte Geschoss. Wie gesagt, haben wir das Geländer im Original erhalten. Um aktuellen Normen zu genügen, ergänzten wir ein Netz aus Edelstahl.
Hotel »The Hoxton, Vienna«
Standort
Rudolf-Sallinger-Platz 1, 1030 Wien
Nutzung
Hotel
Bauherrschaft
JP Immobiliengruppe
Architektur
BWM Designers & Architects
Maßgebliche Projektbeteiligte
Ausführungsplanung und Projektleitung: zweiarchitekten Hasslinger &. Vater ZT GmbH
Ausführungsplanung: uma Architektur ZT GmbH
Baumanagment: c-performance baumanagment gmbH
Brandschutzplanung: Nobert Rabl Ziviltechniker GmbH
Haustechnikplanung: PME Techn. Büro für Klimatechnik GesmbH
Landschaftsplanung: Simma Zimmermann Landschaftsarchitektinnen OG
Statik: Gschwandtl & Lindlbauer ZT GmbH
Bauphysik: Bauphysikalische Planung und Beratung Feit
Behörden: BDA Bundesdenkmalamt Landeskonservatoriat für Wien
Operator: Ennismore International Management Ltd.
Interior Design: AIME Studios
Fertigstellung
2024
Fotos
BWM Designers & Architects, Ana Barros