Dem Original verpflichtet

BWM Designers & Architects
28. Juni 2024
Blick auf die Eingangsfassade des symmetrisch aufgebauten Gebäudes aus den 1950er-Jahren (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Herr Kaplan, welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?


Unser erklärtes Ziel war es, mit dem Bestand sorgsam umzugehen und seine besonderen Charakteristika zu erhalten – stets in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt. Es geht uns stets darum, die Stadt weiterzubauen. Wir möchten Vorhandenes verstehen und ihm gerecht werden, statt es achtlos zu überformen. Wir sind darum froh, dass es bei diesem Projekt gelungen ist, die Nachkriegsarchitektur mit ihrer Nüchternheit und Klarheit in die Jetztzeit zu überführen. Die Fassade erstrahlt in altem Glanz, und dem Dachgeschoss wurde die ursprüngliche Klarheit zurückgegeben, indem wir die Aufbauten aus den 1980er-Jahren entfernt haben.

Blick ins Foyer: Die Ästhetik der 1950er-Jahre lebt auch im Gebäudeinneren wieder auf. Viele bauzeitliche Elemente wie die Geländer oder die geriffelten Verkleidungen der Säulen konnten erhalten werden. (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros
Wie wurde der Bestand einst in seinen Kontext eingefügt?


Das in den 1950er-Jahren von Architekt Carl Appel errichtete Gebäude am Rudolf-Sallinger-Platz liegt städtebaulich prominent auf einem kleinen Hügel in der Nähe des Stadtparks und des Modenaparks. Das siebengeschossige Hauptgebäude ist diagonal auf dem Grundstück platziert. Der Grundriss ist symmetrisch aufgebaut: In der Gebäudemitte sind das Treppenhaus sowie zwei Liftanlagen angeordnet, seitlich docken Flügel an.

Historisch: die Verkleidung der Säulen aus Aluminium (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Was war besonders an dieser Bauaufgabe?


Unsere Leidenschaft liegt darin, die Architektur der Nachkriegszeit für die nächsten Generationen zu erhalten, und wir konnten bei diesem Projekt besonders nachhaltig agieren: Der Bestand wurde von einem Bürogebäude in ein Hotel umgebaut, ohne dabei die Kubatur massiv anpassen zu müssen. 196 Zimmer konnten mit wirklich geringem ökologischen Fußabdruck realisiert werden. Das ursprüngliche Planungsraster der Büroräumlichkeiten haben wir kurzerhand in ein Hotelplanungsraster umgewandelt: Auf jeder Fensterachse liegt ein Zimmer. Zusätzlich wurde über dem Dach des Auditoriums schwebend ein eingeschossiger Baukörper mit sechs zusätzlichen Zimmer als Leichtbaukonstruktion errichtet. 

Große Änderungen an der Kubatur erforderte der Umbau zum Hotel nicht. Ergänzt wurde jedoch ein Leichtbau, der sechs weitere Zimmer aufnimmt. (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Wir beschäftigen uns seit Jahren hauptsächlich mit dem Bauen im Bestand, mit dem Denkmalschutz und den Schutzzonen unserer Städte. An alten Gebäuden weiterzubauen ist aufwendiger als neue zu planen: Man muss sich intensiv mit dem Umfeld auseinandersetzen, muss recherchieren und analysieren, neue Inhalte integrieren und bis ins Detail große gestalterische Sorgfalt walten lassen. Das verlangt nach viel Geduld und Erfahrung.

Wir verstehen den Denkmalschutz als Aufforderung, ein Bauwerk wirklich genau zu analysieren; wir befassen uns vertieft mit seiner Geschichte, seiner Konstruktion und natürlich seiner Gestaltung. Steht ein Gebäude unter Denkmalschutz, ist das eine Auszeichnung: Dieser Status bedeutet die Anerkennung seiner historischen und/oder gestalterischen Qualitäten. Architektonisch ist das reizvoll: Es sind bereits Geschichten vorhanden, die man aufgreifen und weiterstricken kann.

Im Treppenhaus wurde das bauzeitliche Geländer erhalten. Dank eines Netzes aus Edelstahl erfüllt es heute gültige Auflagen. (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Das ursprüngliche Erscheinungsbild der zum Teil aus Naturstein gefertigten Fassade haben wir mithilfe des sogenannten Cipollino-Steins wiederhergestellt. Auch die Teilung der Platten haben wir dem Original entsprechend rekonstruiert und ihre plastische Wirkung mit Vor- und Rücksprüngen wieder herausgearbeitet. Den Portikus sowie die Eingangsportale konnten wir im Original erhalten.

Im Erdgeschoss ist die 190 Quadratmeter große zweigeschossige Lobby mit Galerie angesiedelt, die geriffelte Säulenverkleidungen aus Aluminium und der originale Terrazzo konnten dort ebenso wie die bauzeitlichen Aluminium-Geländer mit schwarzem Gummihandlauf erhalten bleiben. Die Eingangstore sind in eloxiertem Aluminium ausgeführt, ihre Türgriffe noch original.

Das Stiegenhaus öffnet sich nach oben hin. Eine eigens entwickelte LED-Lichtlinie weist einem nun den Weg vom ersten bis ganz nach oben ins achte Geschoss. Wie gesagt, haben wir das Geländer im Original erhalten. Um aktuellen Normen zu genügen, ergänzten wir ein Netz aus Edelstahl.

Eine LED-Lichtlinie weist im Stiegenhaus den Weg. (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Blick von der Dachterrasse auf Wien (Foto: BWM Designers & Architects, Ana Barros)
Grundriss Erdgeschoss (© BWM Designers & Architects)
Schnitt (© BWM Designers & Architects)
Ansicht Eingangsfassade (© BWM Designers & Architects)
Bauwerks
Hotel »The Hoxton, Vienna«
 
Standort
Rudolf-Sallinger-Platz 1, 1030 Wien
 
Nutzung
Hotel
 
Bauherrschaft
JP Immobiliengruppe
 
Architektur
BWM Designers & Architects
 
Maßgebliche Projektbeteiligte
Ausführungsplanung und Projektleitung: zweiarchitekten Hasslinger &. Vater ZT GmbH 
Ausführungsplanung: uma Architektur ZT GmbH
Baumanagment: c-performance baumanagment gmbH
Brandschutzplanung: Nobert Rabl Ziviltechniker GmbH
Haustechnikplanung: PME Techn. Büro für Klimatechnik GesmbH
Landschaftsplanung: Simma Zimmermann Landschaftsarchitektinnen OG
Statik: Gschwandtl & Lindlbauer ZT GmbH
Bauphysik: Bauphysikalische Planung und Beratung Feit
Behörden: BDA Bundesdenkmalamt Landeskonservatoriat für Wien 
Operator: Ennismore International Management Ltd.
Interior Design: AIME Studios
 
Fertigstellung
2024
 
Fotos
BWM Designers & Architects, Ana Barros

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