Kann Architektur Lust auf Behördengänge machen?

Ulf Meyer
7. Juli 2023
Foto: Christian Brandstätter 

Am gestrigen 6. Juli wurde in Seekirchen am Wallersee der Neubau der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eröffnet. Die Verwaltung zieht also in das Örtchen vor den Toren Salzburgs. Der Bürokomplex wurde überwiegend in Holzbauweise errichtet und setzt sich aus sechs Kuben verschiedener Höhe zusammen, die sich über einem gemeinsamen Sockel erheben. Zwischen ihnen befinden sich Terrassen. 

Entworfen hat die Anlage das Team des Wiener Architekturbüros SWAP. Im Jahr 2020 konnten die Architekt*innen gemeinsam mit dem Ingenieurbüro DELTA einen entsprechenden Wettbewerb gewinnen. Amtsgebäude würden den Umgang, den Menschen und Staat miteinander im Alltag pflegen, konstituieren, schreiben sie selbst über ihren Anspruch an ihr Bauwerk. Folglich sei es wichtig, dass Bauten wie die Bezirkshauptmannschaft Orientierung bieten und Kooperation und Menschlichkeit stärken. 

Sechs Kuben in Holzbauweise erheben sich beim Neubau der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung über einem betonierten Sockel. (Foto: Christian Brandstätter)

Konstruktiv betrachtet besteht der Sockel wie auch das Untergeschoss aus Stahlbeton. Die Geschosse oberhalb des Sockels wurden als Holz-Skelettbau umgesetzt. Ihr Tragwerk besteht jeweils aus Stützen, Trägern und Platten aus Brettschicht- und Brettsperrholz. Weil dieser Aufbau innen wie außen überall deutlich sichtbar ist, lässt sich die architektonische Gestaltung des Gebäudes tektonisch lesen.

Die Innenräume der Behörde sind hell und erhalten durch die sichtbar belassene Holzkonstruktion eine angenehme Atmosphäre. (Foto: Christian Brandstätter)
Glaswände sorgen für Transparenz. Die Bürger*innen sollen sehen können, was in den Amtsstuben geschieht. (Foto: Christian Brandstätter)

Dem Verwaltungsbau musste ein Bauhof weichen. Trotz seiner Größe wurde der Neubau in nur 15 Wochen errichtet. Verbaut wurden insgesamt 993 Kubikmeter einheimisches Holz aus Jenbach in Tirol und Unternberg im Salzburger Land. Eine hinterlüftete Fassade aus Lärchenholz prägt das Äußere des Amtsgebäudes. Im Inneren sorgen bepflanzte Wände und gelochte Akustikdecken für eine behagliche Atmosphäre. Große Fenster bringen eine angenehme Helligkeit ins Haus und verschaffen schöne Ausblicke über den örtlichen Kirchturm hinweg bis zum Watzmann. 

Die Räumlichkeiten des Bürgerservice sind nur durch Glas vom Warteraum getrennt, hier haben die Architekt*innen auch eine Kinderecke mit Spielzeug eingerichtet. Für die Kleinen wurden extra Tischen und Stühlen aus Massivholz entworfen, Teppiche und Sitzpolster besteht aus Naturmaterial. Vielfach teilen Lamellenwänden aus Holz die hohen Räume und ermöglichen Rückzug und Abgrenzung sowie fokussiertes Arbeiten.

Die erwähnten Wände mit Bepflanzung werden über ein computergesteuertes System mit feinen Tröpfchen bewässert. Moos, das auf anderen Wänden wächst, benötigt indes nur die normale Luftfeuchtigkeit, um zu gedeihen. Die Holzoberflächen sind überall unverkleidet ausgeführt, was zu einem gesunden Raumklima beitragen soll.

Foto: Christian Brandstätter

Möglichst klimagerecht sollte die Energieversorgung sein: Die Wärmezufuhr erfolgt über das Nahwärmenetz von Seekirchen, die Zuluft wird über einen Erdkollektor vorgewärmt. Und im Sommer kommt eine Fußbodenkühlung zum Einsatz, die aus Erdwärme-Tiefensonden gespeist wird. 

Die Architekt*innen selbst, die für ihre behaglichen Holzbauten wie das Bibliotheks- und Seminarzentrum der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien bekannt sind, haben große Freude an ihrem Verwaltungsbau. Er ist für sie ein Gegenentwurf zu den unterkühlten, Energie fressenden Amtsgebäuden, die sie aus ihrer Heimatstadt Wien kennen. Nun jedoch muss sich zeigen, wie gut das Bauwerk bei Bürger*innen und Mitarbeitenden ankommt. Werden sie die Offenheit des Holzbaus ebenso sehr schätzen?

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